„Zwölf Uhr mittags – auf Amrum“

Nachdem ich den aktuellen Fernsehfilm der Woche zerrissen habe, will ich auch mal drauf hinweisen, dass es auch gelungene Beispiele für deutsche TV-Filme gibt: Mörder auf Amrum

Polizeimeister Helge Vogt (Hinnerk Schönemann) war im Urlaub in Berlin und kommt zurück auf seine Heimatinsel Amrum. Alles ist wie immer, die Zeit scheint still zu stehen: ruhiges Polizeirevier, Dorfkneipe, kleine Liebelei mit der Wirtstochter Lona, nix los – beschauliche Provinz eben. Da öffnet sich die Reviertür und vor Helge und seinem Vorgesetzten Heinz steht eine blutüberströmte BKA-Beamtin. Agnes Sonntag ist aus der Abteilung Personenschutz und hat im Schlepptau ihren Schützling, die junge Russin Mathilda. Frau Sonntag bittet die Polizisten, sie zu einem Arzt zu bringen, aber keine Meldung davon zu machen, schon gar nicht ans BKA.

Mathilda steht unter Personenschutz, denn sie soll in wenigen Tagen als Zeugin in einem Mordprozess aussagen. Sonntag vermutet in ihrer eigenen Dienststelle einen „Maulwurf“, der jenen Leuten aus Kreisen der russischen organisierten Kriminalität zuarbeitet, gegen die Mathilda aussagen soll. Sie sind in ihrem Versteck überfallen worden, schließlich gelang die Flucht, aber der zweite BKA-Beamte wurde erschossen. Helge und Heinz fühlen sich von der Situation überfordert, dies umso mehr, als Frau Sonntag in der Arztpraxis an ihrer Verletzung stirbt. Mathilda rastet aus, fühlt sich jetzt schutzlos ohne die BKA-Beamtin. Helge bringt die junge Frau sicherheitshalber erst mal bei sich zu Hause unter. Während ein Sturm aufzieht, erreicht ein Russenmafia-Killerkommando Amrum.

Mord auf Amrum ist ein norddeutscher Western, gut gefilmt und mit teils herausragenden Schauspielern. Amrum jenseits der Urlaubssaison verbreitet ein finnisch-depressives Flair, ein Wüstenei ohne Versteckmöglichkeit, abgezäunt vom brodelnden Meer. Währenddessen verliert der überforderte Polizeimeister Vogt einen Rückhalt nach dem anderen, seine gewohnte Welt aus gegeben Richtlinien und Verhaltensweisen zerbröckelt vor seinen Augen. Der einzige der noch zu ihm hält, ist der Leichenbestatter der Insel, der auf die Frage nach dem „warum„, damit kontert, dass er einen baldigen Aufschwung des Gewerbes auf der Insel erwarte. Der Tod der einzigen Postbotin der Insel wird dementsprechend dann auch mit einem verzweifelt-lachenden „Immerhin ist nun das Briefgeheimnis wiederhergestellt“ – kommentiert.

Mörder auf AmrumSo entwickelt sich zwischen – für öffentlich-rechtliche Verhältnisse – recht blutigen Schießereien ein Drama, durchdrungen von schwarzem Humor, der doch nur die Ausweglosigkeit & Hilflosigkeit ausdrückt, in der die „Helden“ gefangen sind. Das Ganze wird mit einer wundervoll unaufdringlichen Amour Fou verbunden bis, wie bei jedem klassischen Western, der High Noon ansteht.

 

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9 Antworten zu „Zwölf Uhr mittags – auf Amrum“

  1. gedichtblog schreibt:

    Und wo kann ich mir den Film nun anschauen? 😉

  2. sirdoom schreibt:

    Am 11.01.2010 um 20:15, aber dafür brauchst einen DeLorean 😉

    Und in der ZDF Mediathek, wenn du das ZDF überredest, die Inhalte, für die wir alle GEZ zahlen nicht nach 7 Tagen zu „depublizieren„.

    Denn weder bei Amazon noch im ZDF Shop gibts davon eine DVD. Programmgestaltung halt wie in den 1960ern…

  3. gedichtblog schreibt:

    Stimmt, wir sollten eine Petition starten.

  4. Nyx schreibt:

    Für flügeltürige Fluxkompensator-Träger oder deutlich ausgedehnte Online-Angebote von mit unserem Geld finanzierten Filmen? 😀

  5. Korsar schreibt:

    Beides 😀

  6. Krebsie schreibt:

    Ich fand den Film ein wenig überspannt. Sprich er war doch an einigen Ecken schon sehr auf die private Schiene gedrängt und eben nicht auf öffentlich rechtlichen Niveau.

  7. sirdoom schreibt:

    ? Hm ?

  8. Pingback: „Mörderisches Wespennest – in Aschberg“ « sirdoom’s bad company Weblog

  9. Pingback: “The Guard – Review” |

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