„Türkei: Demokratie ist kein Selbstmordpakt“

In der Türkei gab es den Versuch eines Militärputsches. Dieser ist gescheitert und Staatspräsident Erdogan und die AKP-Straßentruppen räumen gerade auf. Böse Zungen sagen sogar, dass der eigentliche Putsch jetzt erst läuft…

Türkei - Demokratie - kein Selbstmordpakt - LogoKleiner Exkurs: Natürlich gibt es wieder jede Menge Verschwörungstheorien. Kurze Antworten dazu: Steckt hinter dem Putschversuch die Gülen-Bewegung? Nein, die wurden bereits vorher aussortiert. Klar können da noch 1-2 dabei gewesen sein, mehr aber auch nicht. Erdogan hat den Putsch selber inszeniert, um sich endgültig zum Alleinherrscher zu krönen! Nein, warum sollte er riskieren, dass doch die ganze Armee beim Putsch mitmacht? Sowas ist immer schwer unter Kontrolle zu halten und er hat ja eh schon dran gearbeitet, auch ohne so einen Stunt, sein Ziel zu erreichen. Aber er nutzt jetzt natürlich die Gelegenheit, die sich ihm bietet. 😉 Es ist hingegen durchaus möglich, dass der türkische Geheimdienst wieder in der Landschaft rumgestochert hat und zusammen mit den Gerüchten über anstehende Säuberungen, die ganze Sache vorzeitig ausgelöst hat. Ansonsten: „Zu wenig, zu spät“ ist das Motto dieses Putschversuches und erklärt eigentlich alles. Aber zurück zum Thema.

Soll man jetzt froh sein, dass die „demokratisch gewählte“ AKP-Regierung den Putschversuch überstanden hat, oder darf man sich ärgern, dass die Militärs gescheitert sind? Da kommen erstaunliche Kognitive Dissonanzen bei heraus. o.O Grundsätzlich ist ein Militärputsch eigentlich immer was Schlechtes, denn es muss ja einiges verdammt schiefgegangen sein, damit es überhaupt dazu kommt. Und wenn man sich anschaut, was die meisten Militärregierungen nach einem Putsch so angestellt haben, scheint die Sache eigentlich auch klar zu sein. Es gibt hierbei aber dann doch eine entscheidende Einschränkung: Demokratie bedeutet nicht nur freie Wahlen und das Mehrheitsprinzip, sondern gerade auch den Schutz der Minderheit, Verfassungsmäßigkeit, Schutz der Grundrechte (bzw. nur den Staatsbürgern vorbehaltenen Bürgerrechten) und Achtung der Menschenrechte, die Werte der Aufklärung. Diejenigen, die das unter dem Mantel der Demokratie abschaffen wollen, sind keine harmlosen Dummerchen, sondern gefährliche Extremisten, die sich gezielt der Freiheit einer offenen Gesellschaft bedienen, um sie zu untergraben und zerstören. Weswegen man auch von der wehrhaften Demokratie redet.

In Anlehnung an Abraham Lincoln*: „Democracy is not a suicide pact!

Womit wir dann – in diesem Fall – bei „Militärputsch schlimm, kein Militärputsch noch schlimmer!“ angekommen sind. Denn was Erdogan mit der Türkei vorhat, zeigt er ja gerade mal ganz offen,ungeschminkt und blutrünstig…

*The Constitution is not a suicide pact“ wird Lincoln zugeschrieben, der sich sinngemäß auch so äußerte, die wortgenaue Quelle ist allerdings Associate Justice of the Supreme Court of the United States Robert H. Jackson im Jahre 1949, der auch der US-Chefankläger bei den Nürnberger Prozessen war.

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9 Antworten zu „Türkei: Demokratie ist kein Selbstmordpakt“

  1. Cunningham schreibt:

    Ich persönlich halte das scheitern dieses Putches für das schlimmst anzunehmende Ergebnis und für eine große Tragödie für uns alle aber allen voran für die Menschen in der Türkei.

  2. sirdoom schreibt:

    Genau wissen, werden wir das wohl nie können, aber die Anzeichen deuten zumindest leider gerade alle in die Richtung. 😦

  3. lawgunsandfreedom schreibt:

    In Deutschland läuft ja schon so was wie PokemonGo für Türken – aber statt Comicbiester werden Erdogan-Feinde gejagt. Erdogan arbeitet seine längst bereitgelegten Listen ab und andere liefern Stoff für weitere Listen.

    Vielleicht können wir einen Deal mit Erdogan machen. Er kriegt Berlin, wir machen eine Mauer drum, packen seine Anhänger und unsere Politiker rein und er lässt uns ansonsten in Ruhe …

  4. sirdoom schreibt:

    Berlin ist zwar ne „failed Stadt“ 😉 aber ich würds schon ganz gerne behalten. Man kann ja durchtauschen. Wir bekommen die Dissidenten und er mehr fanatische Anhänger…^^

  5. lawgunsandfreedom schreibt:

    Wäre ’ne Idee. Außerdem haben wir noch einen Großflughafen, einen Bahnhof und eine Oper für Ihn ^_^

  6. sirdoom schreibt:

    😀 Lass uns großzügig sein: Wir bekommen die Hagia Sophia und er bekommt dafür den BER, S21 und die Waldschlößchenbrücke! 🙂

  7. lawgunsandfreedom schreibt:

    Optimaler Tausch. Deal!

  8. XD schreibt:

    Als ich von dem Putschversuch erfuhr, war mein erster Gedanke „jetzt schwappt der arabische Frühling doch noch rüber nach Europa“. Mein nächster Gedanke war dann die Befürchtung, es könnte in einem NATO-Mitgliedsstaat, in dem noch Atomwaffen lagern, ein Bürgerkrieg ausbrechen. Auch ist das türkische Militär ja nicht gerade klein und hat auch eine gut gefüllte Spielzeugkiste.
    Die internationale Gemeinschaft stellte sich allerdings auch schon sehr früh auf die Seite Erdoğans. Den Staats- und Regierungschefs war vermutlich, anders als mir, da bereits bekannt, dass die Putschisten-Seite zu schwach ist und scheitern würde.
    Ich kenne allerdings auch die Hintergründe und Motive dieser Putschisten nicht. „Friedensrat“ kann sich alles mögliche nennen… das erinnerte mich sogar gerade sehr an das Ministerium für Frieden.

  9. sirdoom schreibt:

    Ich glaube Erdogan will auch gar nciht, dass du zu viel über die „Putschisten“ erfährst, außer dass sie „böse Gülenisten“ sind. Was du jetzt glauben darfst, oder auch nicht. 😉

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