„Hephaistos“

Das deutsche Krisengebiet Rollenspiele hat z.Z. nur ein Topthema, den Gerichtsstreit zwischen Nackter Stahl Verlag und Prometheus Games. Hier die Links zum eigentlich recht interessanten Hintergrund.

Öffentliche Kriegserklärung von Prometheus Games

Hurtig geschmiedete Antwort von Nackter Stahl Verlag

Partei ergreifen werde ich für keine Seite, weil ich mich davor hüte, in Lagerhäusern voller mit „LEICHT ENTZÜNDLICH“ beschrifteten Kisten, lustig Streichhölzer anzuzünden. Wenn man Glück hat ist Papier drin, wenn man Pech hat Dynamit. Spielen wir also nicht IM Lagerhaus, sondern schauen uns mal im umliegenden Industriegebiet um.

In der deutschen RPG-Branche kennt jeder Jeden über allerhöchstens zwei Ecken und fast alles wird via – sogar meist virtuellen – Handschlag abgesprochen(außer natürlich bei Lizenzverträgen, wobei was diese Verträge dann wert sind, auch wieder eine andere Frage ist). Anders wäre das auch alles gar nicht möglich. Die juristische Kompetenz ist nicht vorhanden und ansonsten zu teuer, um etwas wirklich fest zu machen, weswegen es auch immer wieder Ärger gibt, der allerdings meistens  unter der Wasseroberfläche gärt. Greifen wir einfach mal ein paar Punkte auf…

Deadlines: Mir wurde mal ein Vertrag „angeboten“, der vorsah mir pro Tag der überzogenen Deadline XX% der vereinbarten Entlohnung zu kürzen. Meine Reaktion war „Super! Und pro Tag ab Veröffentlichung wo ihr nicht zahlt, schuldet ihr mir XX% Entlohnung mehr! Wo kann ich unterschreiben?“. Ich habe nie wieder etwas von dieser angedachten Vereinbarung gehört. Macht im Normalfall auch einfach keinen Sinn. 99% der deutschen RPG-Autoren sind Hobbyautoren, die sich für einen Hungerlohn abarbeiten, weil sie ihr Hobby lieben. Da Deadlines mit Vertragsstrafen durchzudrücken ist einfach nur albern. Wesentlich sinnvoller ist es als Redakteur für einen angenehmen Arbeitsablauf zu sorgen und den Leuten kreativ etwas lange Leine zu lassen, dann sind sie nämlich motiviert und halten die Deadlines auch so ein. Was bringt es auch jemanden zu drohen à la „Du bekommst deine 2,50€ nicht, wenn du nicht bis morgen die 120.000 Zeichen ablieferst“, außer als Antwort ein gepflegtes „F*ck you!“ zu bekommen?

Aufgrund  fehlender Verträge ließen sich auch ganz brutale Dinge anstellen. Während ein Buch in Druck ist, fordert man eine saftige Gehaltserhöhung und droht ansonsten mit der Verweigerung der Freigabe des Textes, was bei, als fiktives Beispiel, 10.000 Büchern à 15€ Herstellungskosten ziemlich teuer werden kann. Danach ist man zwar erst mal ein Pariah, aber es gibt genug Unternehmen die sich gegenseitig nicht ausstehen können, um in Versuchung zu kommen, es jemanden mal so richtig zu zeigen. Normalerweise macht dies bloß niemand, es kommt schließlich dem anzünden des eigenen Hauses gleich, während man drin ist.

NDA(non-disclosure agreement/Verschwiegenheitserklärung): Außer moralischer Verantwortung das Papier nicht wert auf dem sie geschrieben sind. Meist einfache Übersetzungen aus US-Vorlagen, die in Deutschland einen feuchten Dreck wert sind.

Plagiate: Ohne größere Anwaltskanzlei nicht beweisbar, wenn nicht 1 zu 1 abgeschrieben wurde. Selbst Hasbro verklagt nicht jeden Hersteller eines Fantasy-RPGs. Man stelle sich vor, Mel Gibson alias Mad Mel verklagt die Entwickler von Fallout, die verklagen Sighpress/Degenesis und die wiederum verklagen eine der beiden oben genannten Firmen, wegen eines gewissen angekündigten Spiels. Und am Ende sind alle außer Mel Gibson pleite!

Internationale Verträge: The Greater spiked Dildo of ass-rape der Branche. Da ist dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet, von beiden Seiten.

Es wird also interessant werden, wie diese Geschichte vor Gericht ausgeht, weil sie größere Veränderungen innerhalb der Branche auslösen könnte als der WoW-Knick.

Senftube für heute alle…

[edit: Da tatsächlich jemand gefragt hat, warum der Artikel „Hephaistos“ heißt, siehe hier, gleich im ersten Absatz und Hephaistos macht was von Beruf? 😉 ]

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17 Antworten zu „Hephaistos“

  1. cg schreibt:

    Nun ja mit dem Hinweisbeschluss des Landgerichts gibt es ja schon eine erste Andeutung, wie das Gericht die Lage beurteilt. Da muss der Klägeranwalt nochmal ordentlich Butter bei die Fische geben, insbesondere mehr Konkretes in Bezug auf den Plagiatsvorwurf oder die Klage wird erst gar nicht verhandelt.
    Und bei Plagiaten ist es an deutschen Gerichten ziemlich schwer, daher erwarte ich selbst wenn das Gericht (nach Übersendung einer überarbeiteten Klageschrift und Verhandlung) der Klägerin Recht gibt, erstmal noch lange keine Konsequenzen für die Rollenspielszene allgemein. Denn daraus kann mMn kein Präzedenzurteil erwachsen, weil Plagiate stets am konkreten Fall geurteilt werden. Daher sehe ich erstmal keinen Grund zur Sorge.

  2. sirdoom schreibt:

    Ich sah die Gefahr ehr darin, wie auch immer die Gerichte entscheiden werden, die Branche aufgrund dieses Falles versucht sich weitaus mehr abzusichern, damit auch keiner weiß, was als nächstes rauskommt, könnte ja vorher plagiiert werden. Knebelverträge und Paragraphendschungel um sich abzusichern. Und DAS würde SOWAS von schief gehen… 😉

  3. Pingback: Nackter Stahl verklagt Prometheus Games - Blutschwerter

  4. K4M schreibt:

    Eine Vertraulichkeitsvereinbarung ist ganz im Gegentum auch hierzulande eine übliche und wirksame Sache. Ist nur nicht immer nötig, weil die Weitergabe von Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnissen ohnehin illegal ist.

    Des weiteren ist ein Abgabetermin, der pro Tag Überziehung XX% der Entlohnung kostet, vielleicht etwas albern – aber Abgabetermine an sich müssen sein. Sonst könntest Du ja auch nach 5 Jahren und längst erfolgter Einstellung der Produktlinie noch ankommen und Deine 1000 Euro für ein nunmehr nutzloses Werk einstreichen wollen.

  5. grasi schreibt:

    Guter Beitrag. Ich habe bisher noch für keine meiner Freelancer Arbeiten einen Vertrag unterschrieben.

  6. sirdoom schreibt:

    a) Zur Klarifizierung: Eine nach deutschen Recht aufgesetzte und sich an gewisse Formalien haltende Verschwiegenheitserklärung ist natürlich auch in Deutschland wirksam. Eine nach US-Recht erstellt und sich m.u. auch darauf berufende, in keinster Weise irgendwelchen dt. juristischen Formalien genügende Verschwiegenheitserklärung, hingegen nicht. Ähnlich gelagert sind auch manche Verhaltenscodizes von Firmen, die ebenfalls nicht dt. Recht entsprechen.

    Die Weitergabe von Betriebs(TECHNIK)- & Geschäftsgeheimnissen(KAUFMÄNNISCH) zu belegen, ist um es mal so zu sagen „schwierig“, wenn man nicht so doof ist, sich mit einen Haufen Akten im neuen Büro erwischen zu lassen. 😉

    b) Ich spreche ja nicht gegen Deadlines an sich, die MÜSSEN sein. Aber gerade in diesem Bereich rechnet ein schlauer Chef einfach ein Sicherheitspolster ein, verteilt Arbeit so, dass die Wahrscheinlichkeit einer Deadlineüberschreitung minimiert wird oder überlegt sich irgendwas zur Motivation. Womit sollte er denn auch drohen, wenn die Deadline nicht eingehalten wird? „Ich feuer dich?“ *muhahaha* Selbst wer einen wie oben beschriebenen Vertrag unterschreiben sollte, kann da im Normalfall einen drauf lassen, der Schaden beim Verlag ist wesentlich höher.

  7. LabRat schreibt:

    Naja, das mit der Motivation ist so einen Sache. Meine Mitarbeiterin im Labor kann ich vielleicht motivieren, im persönlichen Gespräch, durch Kekse oder selbstgebackenen Kuchen, aber sag mir mal, wie ich einen Autor motivieren, mit dem ich nur per Email oder maximal Telefon agiere. Dem kann ich höchstens am Telefon ein schlechtes Gewissen machen, dass er (oder sie) aus dem Quark kommt, aber ansonsten wird das eher schwierig.

  8. sirdoom schreibt:

    Ich bin ja net Cheffe 😉

    Davon ab beginnt die ganze Sache ja schon mit guter Planung: REALISTISCHE Zeitpläne aufstellen, Arbeit weit genug streuen, kreative Freiheiten auf unterer Arbeitsebene lassen, wenn es für die Sache insgesamt egal ist(auch Kleinkram hilft), nicht bei Promozeugs knausern, Belegexemplare auch zuschicken, bei Leuten die hauptsächlich für Ruhm und Ehre arbeiten kann es helfen sie auch wirklich in den Credits zu erwähnen und das möglichst großzügig(kostet ja ebenfalls nichts). Loben wo geht, kritisieren wenn nötig ist auch immer eine gute Idee.

    Ein weiterer Punkt ist der: Der übliche Freelancer verdient an einen WE in der Nachtschicht von McDonalds wesentlich mehr Geld, als an einen RPG Buch(Romane mal aussen vor). Bei solchen Konditionen sollte man dann vielleicht auch zeitnah zahlen, es geht dabei gar nicht so sehr ums Geld, sondern um den Respekt.

    Und wenn eine Firma nicht zahlen kann, dann sollte die Firma mal drüber nachdenken, warum das so ist…

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  14. Eismann schreibt:

    Ich hab auch seit Jahr und Tag so einen lustigen Vertrag hier neben dem PC liegen, unter anderem auch als Erinnerung, warum ich den Rollenspielkram niemals beruflich machen würde.

  15. sirdoom schreibt:

    Aber es gibt doch gutes Crack! 🙂

  16. Eismann schreibt:

    Ja, aber für wen?
    Aber mal im Ernst: Es ist eine Hobbybranche, die ohne die Hobbyisten nicht funktionieren würde. Und wenn man Leute schon nicht vernünftig bezahlen kann/will, dann sollte man zumindest versuchen vernünftig mit ihnen umzugehen. Und da fallen Drohungen und Knebelverträge einfach nicht mit drunter, von den üblichen Lügenmärchen, Vertröstungen und anderem Gehampel, das man so abbekommen kann, mal ganz abgesehen.

  17. sirdoom schreibt:

    *RPG-Klitschen-Besitzer-Modus*

    „Pah, wir brauchen die Hobbyisten gar net, die überschätzen sich eh maßlos. Aber erzähl deine Auffassung bloß nicht weiter!!!“

    ^^Allgemein ist es auch ein großes Problem, das sehr häufig Frischfleisch verheizt wird, das niemand über gewisse Dinge informiert hat. Da wird das Schweigen der Hobbyisten zur Waffe in der Hand der Industrie.

    Ich geh jetzt „das Kapital“ lesen 😉

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