„Privatsache, Herr Thierse!“

Wolfgang Thierse(SPD) hat seinen glaubensbedingen Schuldkomplex  – er ist Katholik – ausgelebt und ein Buch herausgegeben namens Religion ist keine Privatsache. Dafür macht er jetzt Werbung. Weswegen es auch ein Interview bei ZEIT Online dazu gibt [LINK]. Und bei jedem zweiten Satz will man kotzen.

Thierse: Es mehren sich aber die Stimmen derer, die aus dem weltanschaulich neutralen Staat einen parteiischen Staat der Religionslosen und der Laizisten machen wollen. Das halte ich für falsch. Da bin ich überempfindlich, denn das habe ich alles schon erlebt. In der DDR gab es keinen Religionsunterricht an den Schulen, keine Militärseelsorge, keine öffentlichen Bekenntnisse. Und siehe da, das Ding ging unter! Tatsache ist, Religionslosigkeit kann gefährlich sein. Denken Sie nur an die schlimmsten religionslosen Verbrecher des 20. Jahrhunderts: Stalin, Hitler, Mao Zedong, Pol Pot.

Die DDR ging also unter, weil das alles Atheisten waren? Und dann kommt das übliche Bullshit-Bingo: Atheisten haben keine moralischen Werte, was natürlich totaler Schwachsinn ist. Gottes Zorn hat ja auch schon so viele Gläubige davon abgehalten, die Menschen aus religiösen Gründen abzuschlachten. Und dann der Auftritt der Monster um durch Drama ein Argument vorzutäuschen. Aber bleiben wir mal bei den Fakten. Hitler war römisch-katholisch getauft und blieb zeitlebens Mitglied dieser Kirche. Hitler wünschte sich, dass ein „bedeutender Kirchenmann“ eine vereinigte Kirche als Staatskirche führt. Die SS-Mystik, die Himmler zu etablieren versuchte, lehnte er eher ab. Stalin war russisch-orthodox und hat sich daraus seinen eigenen Führerkult mit ihm als Gott gebaut. Seine Beseitigung der alten Priester war Konkurrenzvermeidung und kein Atheismus. Mao wurde buddhistisch erzogen und bastelte sich dann daraus und aus Konfuzianismus und Taoismus seinen Führerkult. Pol Pot war Theravada-Buddhist und besuchte zu Schulzwecken zuerst ein buddhistisches Kloster und später eine katholische Schule. Prinz Norodom Sihanouk (König und später Staatsoberhaupt von Kambodscha) sagte über Pol Pot: „Pol Pot does not believe in God but he thinks that heaven, destiny, wants him to guide Cambodia in the way he thinks it the best for Cambodia, that is to say, the worst. Pol Pot is mad, you know, like Hitler.

Bitte Herr Thierse, lauter durchgeknallte Gläubige. Danke…

Thierse: Das ist ja das Großartige unseres Grundgesetzes, wir leben in einem weltanschaulich neutralen Staat. Aber das heißt nicht, dass dieser Staat Partei ergreifen darf für Areligiosität, Laizismus, Atheismus.

Dann darf er auch keine Partei für Christen, Muslime und sonstige Religiöse ergreifen. Und im Gegenteil, meistens ergreift der Staat Partei für die Religionen.

ZEIT ONLINE: Also ohne Gott gibt es keine Barmherzigkeit und keine soziale Moral?

Thierse: Die freiheitliche Gesellschaft ist fundamental darauf angewiesen, dass es in ihr verbindende Normen, gemeinsame Maßstäbe und eine Vorstellung von Freiheit, Solidarität, Gerechtigkeit, Menschenwürde und Toleranz gibt. Doch diese Gemeinsamkeiten entstehen nicht von allein. Sie werden von Weltanschauungsgemeinschaften wie den Religionen tradiert und lebendig erhalten.

Werte wie Schwulenhass, Frauenverachtung, AIDS gibt es erst seit 1-2 Jahren,…

Thierse: Da der Staat selber keine eigene Weltanschauung vertritt, vermag er als ausgleichendes Regelwerk zwischen konkurrierenden Weltanschauungen zu wirken.

Ob Herr Thierse sich in letzter Zeit mal das Grundgesetz durchgelesen hat? Ich sehe da eine positive Weltanschauung mit Menschenrechten. Aber stimmt, dafür muss man ja an irgendeinen Gott glauben. Immerhin werden die Fragen von ZEIT Online auf Seite drei etwas schärfer. Und ich muss mir jetzt die Augen mit Seife auswaschen…

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9 Antworten zu „Privatsache, Herr Thierse!“

  1. gedichtblog schreibt:

    Natürlich ist Religion keine Privatsache, sondern eine soziale, öffentliche und damit politische Sache. Religion verbreitet und sanktioniert Normen,also Handlungsanweisungen, Religion geschieht in Gesellschaft – man sitzt ja selten nur alleine in der Kammer und ist religiös, sondern man ist religiös in einer Gemeinde. Und Religion ist nicht willigerweise ein abgeschlossener Sinnbereich, sondern ihrem Anspruch nach umfasst sie das ganz Leben, was sie beispielsweise von Fandomgemeinschaften unterscheidet. Gerade dies macht es notwendig, dass Religion im Herrschaftsbereich von Politik verbleibt, denn die Politik selbst liegt a im Einflussbereich der Religion. Und will ein Staat sich nicht religiösen Inhalten verpflichten, dann muss er laizistisch sein und Anstrengungen unternehmen, Religion in ihrem Gewicht z.B. dem erwähnten Fandom gleich zu stellen, sie also zur Privatsache erst zu machen. Das macht die Schwächung von Kirchen notwendig, den Ersatz krichlicher Sozialdienste durch staatliche und die Verbannung von ideologisiertem Religionsuntericht aus den Schulen. Statt dessen sollte das Thema Religion aus historischem und Kulturwissenschaftlichem Blickwinkel behandelt werden.

  2. 3-6 schreibt:

    „Aber das heißt nicht, dass dieser Staat Partei ergreifen darf für Areligiosität, Laizismus, Atheismus.“

    Das konnte GWB kürzer ausdrücken: Wer nicht für uns ist, ist gegen uns.

  3. sirdoom schreibt:

    Im größeren Blickwinkel hast du vollkomen recht. Ich hatte aber einen anderen Ansatz.

    „Religion ist Privatsache“ ist ein Schlagwort – Schlagsatz? Der Begriff „privat“ erlangte ja erst im Kontext des aufgeklärten Bürgertums des 19. Jahrhunderts Bedeutung. Dabei ging es auch um einen wirtschaftlichen und politischen Kampf, der gerade gegen jene sozialen Systeme und jene Wirtschaftsordnungen geführt werden mußte, die durch die Religion hoheitlich sanktioniert waren, d. h. der Feudalismus und der Absolutismus. Dazu gehört auch, dass viele Werte, die das Sozialwesen bisher prägten und die nicht unmittelbar zum Funktionieren der bürgerlichen Gesellschaft beitrugen, immer mehr zurück in die Sphäre des Privaten traten, d. h. in die Sphäre der individuellen Freiheit. Damit wurde Religion zur „Privatsache“, derer man sich nach Kriterien der kulturellen Bedürfnisse und der Nützlichkeit „bedient“, die man aber eigentlich nicht mehr braucht, um Mitglied der Gesellschaft zu sein. Religion wird verinnerlicht. Es ist eine Gefühls- und Innerlichkeitsreligion, von der keine Gefahr, kein Widerstand, kein Protest ausgeht. Was natürlich ohne Aufklärung – siehe Fundamentalisten jeglicher religiösen Coleur – nicht geht.

    Heutzutage ist „Religion ist Privatsache“ quasi ein „Legacy-Ausruf“, die weiter bestehende Forderung im Namen einer religiös-weltanschaulichen Neutralität des Staatswesens und das Zurückdrängen des Religiösen aus der staatlichen und gesellschaftlichen Öffentlichkeit in die Privatsphäre. Aus der Ecke heraus kommt das^^

    Und wenn Thierse Lügen erzählt und wieder MEHR Religion als Entscheidungsfaktor im Staat will, dann stellt er eine Bedrohung dar…

    wählen und ausüben kann.

  4. Christmann schreibt:

    Sie müssen kotzen, weil Herr Thierse eine Meinung vertritt, welche Ihnen nicht genehm ist? Da erweisen Sie der Meinungsfreiheit, die Sie sicher engagiert verfechten, einen Bärendienst, sorry.

  5. sirdoom schreibt:

    Wie kommen Sie denn auf den schmalen Grad? o.O Herr Thierse darf und soll sagen, was immer er will so lange er sich innerhalb einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung bewegt. Was aber noch lange nicht heißen muss, dass mir das gefällt, oder?

    Und kotzen muss ich nicht weil er etwas sagt, wo ich anderer Meinung bin, sondern weil er alte Unwahrheiten zum hundertsten mal aufwärmt und revisionistisch als wahr verkauft. Kann man dem Eintrag imho auch durchaus entnehmen…

  6. Christmann schreibt:

    Unwahrheiten in Ihren Augen, nicht in seinen. Es gibt hier keine naturwissenschaftlich oder historisch exakt nachweisbaren Unwahrheiten. Ihre Meinung ist somit: es handelt sich bei den Aussagen um Unwahrheiten, korrekt?

  7. sirdoom schreibt:

    Thierse sagt: Alle großen bösen Grausamkeiten des 20.JHDs wurden von bösen Atheisten begangen und nennt die üblichen Punkte. Wie oben^^ bereits nachgewiesen ist dies historisch nicht haltbar.

  8. Pingback: “Das war abzusehen” |

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